Mit dem Sieg der Rallye Monte Carlo 1972 begeisterte der Lancia Fulvia Coupé 1,6 HF die Italiener für den Rallye-Sport und legte den Grundstein für die grandiose Siegesserie im Hause Lancia. Den Anfang machte der Fulvia, gefolgt von Stratos, Rally 037, Delta S4, um schließlich in den Rekorden der Delta Gruppe A zu gipfeln.
Anfang der 60er Jahre gelang es Ing. Fessia - technischer Leiter von Lancia, das 1959 unter der Leitung von Carlo Pesenti stand - mit dem Flavia eine Fahrzeugfamilie mit Frontmotor und Vorderantrieb ins Leben zu rufen. Fessia, Professor am Polytechnikum von Turin, war ein überzeugter Befürworter dieser technischen Lösung, die für die damalige Zeit innovativ war, aber später, und auch heute noch, von allen Automobilherstellern am häufigsten verwendet wurde und wird.
Es war für Lancia üblich, ein Paar „Geschwister“-Autos gleichzeitig im Sortiment zu haben, davon eines größer und eines in kleinerem Maßstab, wie zum Beispiel den Aprilia/Ardea und Aurelia/Appia. So bekam der Flavia 1963 einen „kleinen Bruder“, den Fulvia, der in seinen technischen Lösungen Innovation und Tradition vereinte. In der Tat präsentierte er die Neuheit des Vorderantriebs, allerdings mit einem Motor mit 4 engen V-Zylindern, der ganz der Lancia-Tradition entsprach. Vier effiziente Scheibenbremsen, eine weitere Seltenheit für die damalige Zeit, bekräftigten die Spitzenausstattungen, von denen viele tatsächlich vom Flavia stammten.
2 Jahre später entstand der Fulvia Coupé aus einem Entwurf von Piero Castagnero. Der damalige Leiter des Lancia-Stilzentrums ließ sich von den Formen der Riva-Motorboote inspirieren und entwarf eine elegante Sport-Berlinetta mit 2 plus 2 Sitzen. Der helle Fahrgastraum zeichnete sich durch große Fenster und eine Windschutzscheibe und Heckscheibe aus, die viel stärker geneigt waren als bei der Limousinenversion. In den ersten Fulvia Coupé wurde ein Vierzylinder-Motor mit 1216 cm3 und 80 PS gebaut, dessen Hubraum schon bald auf 1,3 und dann auf 1,6 Liter erhöht wurde. Die Eleganz und Klasse, die dieses Modell auszeichneten, hinderten die „Squadra Corse HF Lancia“ (dt. Rennstall HF Lancia) nicht daran, es bei Wettbewerben, insbesondere bei Rallyes, einzusetzen.
Die Abkürzung HF bedeutet High Fidelity, d. h. hohe Zuverlässigkeit. Nach den großen Erfolgen bei Wettkämpfen, die Gianni Lancia in den 1950er Jahren erzielte, wurde der Lancia-Rennstall im Februar 1963 fast zu einer Privatinitiative treuer Fans der Turiner Automarke, da Fessias technischer Ansatz für Wettrennen nicht förderlich war. Es ist Cesare Fiorio, Rennfahrer und Sohn des damaligen Leiters der Werbeabteilung von Lancia, Sandro, der das Racing-Team belebt. Der junge Cesare, Sportdirektor des Rennstalls, wird in den folgenden Jahren der Initiator der großen Erfolge von Lancia, Fiat und Abarth bei den Rallye- und Langstreckenmeisterschaften sein und Ende der 80er Jahre auch das Ruder des Ferrari F1-Teams übernehmen.
Vom Fulvia Coupé ausgehend entstanden somit die für Rennen bestimmten HF-Versionen: in ihrem Finish etwas schlichte Fahrzeuge ohne Stoßdämpfer, ausgestattet mit Türen und Motorhauben aus Aluminium und mit verstärkten Motoren. Der erste HF hatte einen Motor von 1216 cm³ mit 88 PS und eine 4-Gang-Schaltung (435 Exemplare von 1966 bis 1967). Auf ihn folgte der 1,3 HF mit erweiterten Kotflügeln und 101 PS (882 Exemplare zwischen 1968 und 1969, mit den letzten experimentierte man mit der 5-Gang-Schaltung). 1969 erschien der 1,6 HF, der wegen seiner originellen, größeren Fernlichter „Fanalone“ (oder Fanalona) genannt wurde. Mit 115 PS (130 in der Variante 1016) ausgestattet, wurden 1258 Exemplare gebaut. Dazu kamen noch weitere 20 dem Rennstall vorbehaltene Exemplare. Die Fulvia Coupés 1600 HF zweite Serie, nicht mehr mit Bauteilen aus Aluminium und die meisten in der Ausführung „Lusso”, beliefen sich insgesamt auf 3690 Exemplare, die von 1970 bis 1973 hergestellt wurden.