Mit dem Alfasud wagte sich die „Casa del Biscione“ erstmalig in das Segment der kleinen Mittelklassewagen. Ein Projekt, das bei Null anfing. Es entstand ein technisch innovatives Modell, das in einem neuen Werk in Pomigliano d'Arco in Süditalien gebaut wurde: ein revolutionäres Unterfangen, das nicht nur die Geschichte von Alfa Romeo geprägt hat.
Die Geschichte des Alfasud begann zwischen Ende 1959 und 1961, als die Manager von Alfa Romeo mit der Idee eines Kleinwagens mit geringem Hubraum spielten.
Der Prototyp „Tipo 103" ist eine etwas mehr als 3,6 m lange Schrägheck-Limousine, die einen Vorgeschmack auf die stilistischen Merkmale der künftigen Giulia gibt. Weitere für den Autobauer mit der Schlange im Wappen revolutionäre Elemente waren der Quereinbau des kleinen Doppelnockenmotors sowie der Vorderradantrieb.
Während die Giulia ab den 1960er Jahren immer mehr Zuspruch von Kunden und Fachleuten erfuhr, wurde der Prototyp des „Tipo 103“ grundlegend überholt, denn Alfa Romeo hatte eine weitaus komplexere Revolution vor sich: die Gründung eines neuen Werks in Süditalien, um ein „Auto fürs Volk“ zu bauen. Das Projekt war äußerst ehrgeizig – einerseits schien es sich von den Eigenheiten zu entfernen, die sämtliche Alfa-Autos bisher ausgezeichnet hatten, andererseits bot es die große Chance, in jenes Segment des Automarktes vorzustoßen, in dem alle namhaften Hersteller vertreten waren.
Für den Entwurf des Wagens wurde ein Team aus exzellenten „Köpfen“ und „Bleistiften“ zusammengestellt: Rudolf Hruska, der bereits zu Zeiten der Giulietta für Alfa gearbeitet hatte, Domenico Chirico, der 1966 zum Leiter des Alfasud-Projekts ernannt wurde, sowie die Designer Giorgetto Giugiaro und Aldo Mantovani von der jungen Firma Italdesign.
Die Einweihungsfeier für den Bau des Werks in Pomigliano d'Arco fand im April 1968 statt, und es war der Vorsitzende von Alfa Romeo höchstpersönlich, Giuseppe Luraghi, der dem Ministerpräsidenten Aldo Moro den engen Zeitplan erläuterte, der die Aufnahme der Produktion bis 1971 vorsah.
Die Zeit war äußerst knapp, aber Chirico schaffte es, ein junges, gut eingespieltes Team zusammenzustellen, das erst die einzelnen Teile und dann das Auto selbst testete, lange bevor die Fabrik fertig war. Der Ingenieur erinnert sich heute noch an die wichtigsten Daten: Am 14. Juli 1968 lief der Motor zum ersten Mal auf dem Prüfstand, während der erste Prototyp 1968 an einem Novemberabend auf der Teststrecke von Balocco debütierte.
Es gibt eine kuriose Anekdote, die mit einem getarnten Auto zusammenhängt, das für Straßentests verwendet wurde, aber nicht unbedingt der endgültigen Linie entsprach. Chirico berichtet, dass viele Kilometer auf ganz normalen Straßen zurückgelegt werden mussten, um den Komfort im Laufe der Zeit zu überprüfen. So wurde ein Auto eingerichtet, das nicht nur von den Testfahrern, sondern auch von Hruska selbst genutzt wurde, um an den Wochenenden nach Turin zu fahren. Viele Monate lang blieb der „außerplanmäßige“ Wagen unbemerkt, doch eines Tages überraschte die Presse ihn bei der Ausfahrt aus Portello. Ein Artikel veröffentlichte Fotos von einem kuriosen Auto mit zweieinhalb Volumen, d. h. mit einem kleinen Kofferraum und einem abgeschnittenen Heck: „Das Nutzfahrzeug von Alfa" lautet der Titel. Abgesehen von der versteckten Karosserie waren allein die Türen, die Windschutzscheibe und die Heckscheibe authentisch. Seltsamerweise würde das kleine dritte Volumen mit abgeschnittenem Heck, gleichwohl mit unterschiedlichen stilistischen Merkmalen, auf dem Erbe des Alfasud gebaut werden: der Alfa Romeo 33.
Der Alfasud wurde der Öffentlichkeit im November 1971 auf dem Turiner Autosalon vorgestellt.
Der Wagen war in technischer Hinsicht ebenso innovativ wie auch unter ästhetischen und funktionellen Gesichtspunkten.
Unter der Motorhaube befanden sich ein kompakter Vierzylinder-Boxermotor, Frontantrieb, vier Scheibenbremsen, ein verstellbares Lenkrad, eine unabhängige Mac-Pherson-Vorderradaufhängung sowie eine Hinterradaufhängung mit einer Starrachse auf Schraubenfedern. Der Boxermotor mit Frontantrieb ermöglichte die Konstruktion einer viertürigen, fünfsitzigen Schräghecklimousine, die sich durch eine niedrige Motorhaube auszeichnet. Die Linienführung war eher schlank und sportlich, schaffte aber gleichzeitig ein beträchtliches Innenvolumen mit einem überdurchschnittlichen Raumangebot.