Während der Rallye-Weltmeisterschaft 1986 arbeiteten die Ingenieure von Abarth an einem Auto, das den Lancia Delta S4 ersetzen sollte. Die Techniker bereiteten einen futuristischen Prototyp vor, bei dem hauptsächlich Verbundwerkstoffe verwendet wurden. So entstand der Name ECV (Experimental Composite Vehicle), d.h. ein Testfahrzeug aus Verbundwerkstoffen. Der Prototyp verfügte fernerhin über einen innovativen Motor mit einem revolutionären Aufladesystem namens Triflux.
Während die leistungsstarken Fahrzeuge der Gruppe B um den Sieg in der Rallye-Weltmeisterschaft 1986 kämpften, arbeitete Lancia bereits an der Entwicklung und Erprobung eines Fahrzeugs mit den Spezifikationen der neuen Gruppe S, die in den folgenden Saisons debütieren sollte. Einerseits wurde bei den Vorschriften für Fahrzeuge der Gruppe S mehr auf die Sicherheit geachtet, andererseits gaben sie mehr Spielraum, da weit weniger Exemplare als in der Gruppe B zu homologieren waren.
Mit den Wagen der Gruppe S wurden wieder echte Prototypen für Rallyes konstruiert – einzigartige Fahrzeuge, die sich stark von herkömmlichen Autos unterscheiden und in denen Materialien und Lösungen getestet werden können, die in der Serienproduktion aufgrund der hohen Kosten nicht zum Einsatz kommen. Sie werden somit zu einem wahren Testfeld für Technologien, die dann mit den entsprechenden Anpassungen auf Serienfahrzeuge übertragen werden können – nach dem Motto „von der Rennstrecke auf die Straße", das seit jeher das aufwendige sportliche Engagement der Automobilhersteller in aller Welt kennzeichnet.
Zur Verbesserung seiner Performance hatte der Wagen, der den Lancia Delta S4 der Gruppe B ersetzen soll, zwei Zielvorgaben: die Erhöhung der Motorleistungund die Verwendung neuer Materialien für die Konstruktion des Fahrgestells, die eine bessere Torsionssteifigkeit, aber auch eine Reduzierung des Gesamtgewichts ermöglichen. Hierin lagen die Herausforderungen für Abarth, das in jenen Jahren zum Rennteam des Fiat-Konzerns avancierte und die Aufgabe hatte, die Marken Fiat und Lancia für Rennen vorzubereiten und sie zu begleiten.
Das Chassis wurde dem im Lancia HF Racing Team für Design und Experimente verantwortlichen Ingenieur Sergio Limone anvertraut, der eine innovative Karosserie aus den Verbundwerkstoffen Kevlar und Kohlefaser entwickelte. Eine spezielle „Wiege" umgibt den Motor, während eine Reihe von Paneelen das starre Cockpit und den Rest der Karosserie bilden. Nur die Frontpartie wird aus herkömmlichem Stahlrohr gefertigt, damit sie schneller repariert und ausgetauscht werden kann. Um das Auto noch leichter zu machen, finden die neuen Verbundwerkstoffe auch für die Antriebswelle und die Felgen Verwendung. Insgesamt bietet der Wagen eine höhere Torsionssteifigkeit als der Delta S4 und wiegt dabei rund 20 % weniger.
Der Motor, den der technische Direktor von Abarth, der Ingenieur Claudio Lombardi für das ECV entwarf, hat den selben Hubraum wie der Delta S4, verfügt aber über einen unterschiedlichen Zylinderkopf und ein anderes Zwei-Turbinen-Kompressorsystem. Nach Ansicht des Ingenieurs hätte dieser innovative Motor bereits in den Delta S4 eingebaut werden können. Die konservativen Entscheidungen, die während der Entwicklungsphase 1982 getroffen wurden, überzeugten Lombardi jedoch, den Delta S4 mit einem konventionellen Motor mit Verdrängerkompressor auszustatten, der bereits im Lancia Rally 037 ausgiebig getestet worden war.
So fügte Lombardi beim Delta S4 dem konsolidierten volumetrischen Verdichter eine Turbine hinzu, um die Leistungslücke gegenüber der Konkurrenz zu schließen.
Nun konnte Lombardi endlich sein Schmuckstück für das ECV produzieren: den Triflux mit einem „Cross-Flow"-Zylinderkopf und zwei Turboladern. Der ausgeklügelte Zylinderkopf mit kreuzweise angeordneten Ein- und Auslassventilen ermöglichte eine effizientere Aufladung des Motors bereits bei niedrigen Drehzahlen, aber auch eine bessere Leistung bei hohen Drehzahlen. Schon bei den ersten Prüfstandstests waren die Zahlen mehr als ermutigend: 600 PS wurden erreicht, rund hundert PS mehr als beim Delta S4-Motor.